Impressionen vom Workshop mit Martin Deeley

Martin DeeleyRead your dog and find your way

Erwin Wanek, Andrea Wanek

Ich weiß nicht wie es bei Ihnen ist: Wann immer ich ein Werk eines der großen Handler und Trainer dieser Hundewelt zur Hand nahm, leuchtete mir zunächst alles ein. Bis wir dann irgendwo da draußen standen und ich meinem Labrador Champ das Gelesene weitergeben wollte. In harmlosen Fällen beließ ich es dabei, dass der Autor zwar jedes Problem, das ein Hund mit seinem Führer haben kann kennt, bloß Champ und mich nicht. In weniger harmlosen Fällen widerrief ich den Stoßseufzer "Wolters schau oba ...!"umgehend, um dem armen Kerl im Nachhinein ärgsten Zweifel an seinem Lebenswerk und ungewollte Rotationen im Grab zu sparen.

Umso größer die Freude über die Chance, mit Martin Deeley, einen dieser Großen, einmal life bei der Arbeit beobachten und mit ihm trainieren zu können. Also auf zu Barbara Bachleitners Huntel, das in diesen vier Tagen Maria Schmolln zum Wallfahrtsort für Retriever und ihre Führer werden ließ.

Schon nach der ersten Theorie-Einheit konnte ich ein positives Zwischenresümee ziehen: Martin Deeley kocht auch nur mit Wasser. Aber die Suppe die er daraus macht, schmeckt Hunden verdammt gut. Deeley ist ein Profi, der nichts dem Zufall überlässt. Vom aufgestickten Logo am Hemd bis zur auffälligen Pfeifen-Trilogie, die sowohl auf die Vorlieben der amerikanischen Klienten als auch auf die der europäischen Rücksicht nimmt. Exzellente Selbstdarstellung, hervorragende Rhetorik und Präsentation, spannender Aufbau des Inhaltes. (Erste Klasse auch die phantastische Leistung der beiden Übersetzerinnen Petra Loidl und Simone Lhota, die an den vier Tagen schier Unglaubliches leisteten!) Vor allem aber ein in 28 Jahren angeeigneter Erfahrungsschatz, der offensichtlich zu jedem Problem nicht nur eine Lösung sondern zumindest eine beispielhafte Anekdote bereit hat, die er mit einem seiner Hunde oder einem seiner Freunde erlebt hat. Auf diese Art und Weise entsteht schnell der Eindruck, endlich einen Leidensgenossen getroffen zu haben, der einen nicht nur versteht, sondern das Ganze auch erfolgreich hinter sich gebracht hat. Martin Deeley gibt nicht von oben herab abgehobene Anleitungen, sondern erzählt, wie er das Problem gelöst hat oder löst. Wie er den Umgang mit der Pfeife gelernt hat, in dem er beim Autofahren die Pfeife nicht aus dem Mund nahm und permanent die verschiedensten Töne übte (ich hab mir für den nächsten Tangentenstau bereits vorgenommen, auch auf den Verkehr zu pfeifen und damit gleichzeitig etwas für unser Dummytraining zu machen) gehört genauso zum Repertoire, wie unzählige andere Tricks, die auf ebenso einprägsame Weise in Geschichterln verpackt beim Zuhörer hängen bleiben.

Nach der kurzweiligen Theorie waren es natürlich vor allem die praktischen Übungen, die uns interessierten. Champ hat bei der ersten Übung in der für diese Zwecke idealen Huntel - Arena, einem sichtigen Dummy auf kurze Distanz, sofort den Zweck der Aufgabe erfasst und einen unserer Lieblingsfehler, das vorzeitige Ausspucken des Dummys exakt so dosiert, dass meine akrobatische Einlage zum Auffangen desselben unmöglich von Martin übersehen werden konnte. Vielleicht hatte er schon davon gehört, dass Mr. Deeley für diesen Fall statt des verfrühten Griffes auf das Dummy das Kraulen der Brust unterhalb des Dummys bei gleichzeitigem Stützen des Dummys mit dem Oberarm empfiehlt, vielleicht gefiel es ihm auch bloß, dass ich zu diesem Zweck vor ihm das Knie beugen musste - jedenfalls fand er an dieser Methode zunehmend Gefallen und bereits am nächsten Tag behielt er das Dummy um ein Vielfaches länger im Maul. Ab da ging es steil bergauf mit uns. Ob es tags darauf das "Back", das schrittweise aufgebaute Marking, das schließlich bei 100 m lag oder das Blind, auf das ich Champ am letzten Tag auf immerhin 80 m "furun" (amerikanisch für "voran") schicken durfte und für das Champ spontanen Applaus der immerhin fast vollzählig versammelten Workingtest - Elite erhielt.

Aber es war nicht nur der eigene Erfolg. Das was letztlich wirklich zählte und Erkenntnisse brachte war, Martin Deeley mit jedem Hund und seinem Führer arbeiten zu sehen. ( Eine eingehendere Beschreibung der Methodik finden Sie daneben)

Nach vier Tagen waren wir jedenfalls mit neuen Eindrücken an der Grenze unserer Aufnahmefähigkeit angelangt und haben uns nur mehr gewundert, wie der - auch nicht mehr ganz junge - Trainer es schafft, ohne Pause in der prallen Sonne und unter vollem körperlichen Einsatz (obwohl er nicht gerade wenig raucht) geduldig auf jeden Hund und Führer einzugehen, immer auf gleicher Höhe, alle Distanzen selbst abschreitend.

Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis wir alles verarbeitet haben, aber ein paar grundlegende Erkenntnisse haben sich unlöschbar eingeprägt. Bleibt zu hoffen, dass es mir gelingt, für Champ den unerklärlichen Unterschied zwischen dem Handling von Martin Deeley und mir auch weiterhin schrittweise zu verkleinern Nicht das Deeley eine komplett neue Ausbildungsmethode kreiert hätte, er hat es lediglich verstanden sich von verschiedenen Trainern (den besten der Welt), das Beste anzueignen und seine eigene Ausbildungsmethode zusammenzustellen, in der der Hund gar nicht erst die Möglichkeit bekommt, Fehler zu begehen.

Fehler vermeiden statt zu korrigieren

- war einer seiner vielen Sprüche.
Jede Übung wird zu Beginn so simpel gestaltet, dass der Hund gar keinen Fehler machen kann und wird schrittweise erschwert. Langsam werden die Entfernungen gesteigert, wobei das Dummy immer an derselben Stelle liegt oder geworfen wird, oder der Dummywerfer wird angewiesen, sich schrittweise weiter zu entfernen.

Die Winkelgrade werden so lange variiert, bis der Hund das Dummy (das sich immer an derselben Stelle befindet) aus jedem möglichen Winkel apportiert hat.

Jeder Hund wird langsam - auf Nummer sicher - an Hindernisse und neue Aufgaben herangeführt. Damit baut Deeley ein Vertrauensverhältnis auf - den Schlüssel seines Erfolgs. Außerdem gestaltet er die Aufgaben für den Hund abwechslungsreich und spannend, wodurch er die Konzentration seines Partners voll auf seiner Seite hat.

STRENG - FAIR - SPASS
Was ich am meisten bewundert habe, war die grenzenlose Geduld und die überaus höfliche und freundliche Art von Martin Deeley. Er hat nie etwas Negatives über irgendeinen Hund gesagt. Im Gegenteil, er hat die Vorzüge eines jeden Hundes erkannt und auch hervorgehoben ("this little dog is very clever....") Wie oft habe ich schon von anderen Trainern sagen gehört: "... dann hättest Du Dir eine Jagdlinie nehmen müssen." oder "... dann mach halt Agility mit Deinem Hund" oder "... da musst Du erst noch an der Unterordnung arbeiten, eh Du mit dem Dummy anfängst ...". Laut Deeley Nonsens.

Unsere Hunde stehen zu viel in der "strengen" Unterordnung und wir müssen lernen, den Hund mit Spiel und Spaß zu erziehen. Die Fehler haben bei ihm auch nie die Hunde gemacht, sondern der Hundeführer, der Werfer oder der Trainer (sich selbst auch nicht ausgenommen).

Er hat sich bemüht, wirklich auf alle Probleme einzugehen und ein Problem nach dem anderen zu lösen, egal ob der Hund sehr langsam war, nicht das Dummy aufnehmen oder halten wollte, nicht zurückkommen wollte etc. und es war für mich erstaunlich, wie viele Tricks er kennt, um den Hunden die Arbeit mit dem Dummy schmackhaft zu machen. Er hat nicht eine Methode der Ausbildung, sondern hunderte. Spricht der Hund auf die eine Art nicht an, macht nichts, dann versucht er einfach etwas anderes und plötzlich geht es wie von selbst und ganz ohne Gewalt, Geschrei und Ärger.

Abschließend möchte ich Deeley zitieren: "Jeder Mensch ist, wie auch jeder Hund, von sich aus verschieden. Wenn es Ihnen gelingt, sich in Ihren Hund zu versetzen und wenn Sie herausfinden, was ihn "motiviert", so wird das Training Ihres Hundes für Sie zu einer kreativen Herausforderung werden. Eine gute Beziehung im gegenseitigen Respekt ist die Basis für erfolgreiches Training."