Erbrechen

Geht's um Speiben oder Brechen erst mal mit dem Fachmann sprechen !

Dr.med.vet.Petra Maritzen

Beschreibung

Beim Erbrechen handelt sich um einen komplexen, zentral gesteuerten Reflex. Das Erbrechen hat oft harmlose Ursachen (Überfressen, Fressen von Unrat, Haarballen im Magen, Futter- oder Medikamentenunverträglichkeit), ist aber auch ein wichtiges und häufiges Begleitsymptom vieler ernsthafter Erkrankungen.

Symptome

Übelkeit

Es werden Erregungszustände beobachtet wie Schmatzen, leeres Schlucken, Gähnen, Unruhe, Herumwandern und vermehrter Speichelfluss. Durch den vermehrten Speichelfluss wird der saure Mageninhalt neutralisiert. Viele Hunde fressen Gras, das im Anschluss erbrochen wird.

Würgen

Bauchmuskulatur und Zwerchfell werden, bei geschlossenem Kehlkopf, zusammengezogen. Es werden intensive, tiefe Bewegungen des Brustkorbes nach außen und der Bauchdecke nach innen beobachtet. Der Rücken ist gekrümmt. Die Maulhöhle bleibt geschlossen. Dadurch entsteht ein Unterdruck in der Brusthöhle (da der Kehlkopfdeckel geschlossen ist, kann keine Luft eingeatmet werden) und ein Überdruck in der Bauchhöhle. Diese Druckverhältnisse verursachen eine Verschiebung des Mageninhaltes in die Speiseröhre und leiten somit das Erbrechen ein.

Erbrechen

Hier findet der eigentliche Auswurf des Mageninhaltes statt. Dabei wechselt der Unterdruck in der Brusthöhle zum Überdruck. Die Maulhöhle ist dabei weit offen. Damit es nicht zum Einatmen des Erbrochenen kommt, bleibt der Kehlkopf während des Auswurfs geschlossen. Nachdem das Erbrochene ausgeworfen wurde, kommt es meistens zu intensivem Lecken und Schlucken. Es ist nicht außergewöhnlich, dass Hunde mehrmals hintereinander erbrechen.

DD:

Das wichtigste Symptom, das mit Erbrechen verwechselt werden kann, ist die Regurgitation, ein Zurückströmen von Nahrung. Im Gegensatz zum Erbrechen handelt es sich um einen passiven Reflux, d. h. Futter und / oder Flüssigkeit wird aus der Speiseröhre von alleine in die Maulhöhle oder Nasenhöhlen zurück geleitet, ohne aktive Kontraktion der Bauchmuskulatur. Pumpende Bauchwandbewegungen fehlen. Ein weiterer Unterschied ist das Fehlen der Übelkeitsphase vor der Regurgitation: Der Auswurf ist häufig überraschend schnell. Meist findet die Regurgitation unmittelbar nach der Futteraufnahme statt, es kann die Nahrung aber auch mehrere Stunden in der erweiterten Speiseröhre bleiben, bevor sie ausgeworfen wird. Das Futter kann unverdaut oder teilweise angedaut zurückströmen, häufig in einer Schleim-Speichel-Hülle verpackt. Regurgitation weist beim Hund auf eine Speiseröhrenerkrankung hin, die unbedingt näher abgeklärt werden sollte (funktionelle Störung, mechanischer Verschluss, Entzündung).

Häufigste Ursachen für Erbrechen

Akutes Erbrechen:

Darunter versteht man plötzliches und unerwartetes Erbrechen, wobei es sich um harmlose Ursachen wie auch um lebensbedrohliche Zustände handeln kann. Gesellen sich Fieber, Mattigkeit, Fressunlust oder Durchfall dazu oder fallen Blutbeimengungen im Erbrochenen auf, sollte ein Tierarzt aufgesucht werden.

Reisekrankheit

Viele Hunde leiden unter der sogenannten „Reisekrankheit“, worunter man einerseits Angstsymptome in Form von Unruhe und Speicheln nach Besteigen des Autos versteht als auch das Erbrechen während der Fahrt (Bewegungen des Autos).
Um das Erbrechen während der Fahrt zu vermeiden, sollte der Hund nicht unmittelbar vorher gefüttert werden. Es kann sich nämlich sehr schnell ein Teufelskreis entwickeln, indem der Hund Autofahren mit Übelkeit verbindet, dadurch schon vor Antritt der Fahrt in einer ungeheuren Stresssituation ist, wodurch sich die ganze Lage nur verschlimmert.
Machen Sie Ihren Hund zunächst mit dem Auto vertraut, setzen Sie ihn hinein, ohne zunächst wegzufahren und belohnen Sie ihn mit Leckerbissen. Erst dann wird eine kurze Fahrt unternommen. Steuern Sie nach Möglichkeit ein Ziel an, wo er laufen, herumtoben und spielen darf, damit er Autofahren mit etwas Positivem verbindet.
Wenn Sie den Hund schrittweise an das Autofahren gewöhnen, fährt er sicher bald gerne Auto. Nur in besonderen Fällen sollten spezielle Medikamente zur Verhütung der Reisekrankheit eingesetzt werden.

Futtermittelunverträglichkeit

Unter diesem Begriff fasst man alle Arten von gesundheitlichen Beschwerden zusammen, die mit der Futteraufnahme in Zusammenhang stehen. Wahlloses Fressverhalten und Aufnahme von verdorbenem Futter sind häufige Gründe für akutes Erbrechen. Insbesondere Welpen neigen dazu, alles zu verschlingen, was sie finden. Meist löst das Erbrechen die Ursache desselben und gefährdet den Allgemeinzustand des Hundes nicht weiter.
Zu rascher Futterwechsel kann häufig akute Verdauungsstörungen verursachen. Der Verdauungstrakt des Hundes benötigt eine gewisse Zeit, um sich an die Zusammensetzung eines neuen Futters zu gewöhnen. Deshalb sollte die Futterumstellung immer schrittweise über mehrere Tage erfolgen.
Auch Futtermittelallergien und Allergien auf Futterzusatzstoffe sind eine mögliche Ursache für akutes Erbrechen.

Fremdkörper

Dies ist eine recht häufige Ursache für akutes Erbrechen. Meist werden Spielsachen, Holzstücke, Plastikteile, Steine oder Stoffstreifen geschluckt, wobei wiederum vor allem Welpen und junge Hunde betroffen sind. Können derlei Fremdkörper nicht hervorgewürgt bzw. erbrochen werden, besteht die große Gefahr eines Darmverschlusses und eine Operation ist dann unumgänglich.

Medikamentenunverträglichkeit

Häufige Auslöser sind Antibiotika, Chemotherapeutika und verschiedene Schmerzmittel. Den Zusammenhang zwischen der Aufnahme des Medikamentes und dem Erbrechen kann man meist durch gute Beobachtung feststellen. Antibiotika haben oft unerwünschte Nebenwirkungen wie Erbrechen oder Durchfall, da neben den Krankheitserregern auch natürliche, für die Flora des Magen-Darmtraktes wichtige Bakterien abgetötet werden.
Aufpassen muss man auch bei der Verabreichung von Humanpräparaten, da nicht alle für Hunde geeignet sind, zumindest nicht in der für den Menschen vorgeschriebenen Dosierung. Dies gilt vor allem für Schmerzmittel wie Naproxen und Ibuprofen (Antirheumatika), die beim Hund Magenschleimhautveränderungen, Magenblutungen und heftiges Erbrechen auslösen können. Bevor Sie Ihrem Hund ein Humanpräparat verabreichen, kontaktieren Sie bitte immer einen Tierarzt.

Infektionskrankheiten

Infektionskrankheiten sind häufig Ursachen für akutes Ebrechen, insbesondere bei Welpen. Auf sämtliche virale oder bakterielle Infektionen einzugehen, würde allerdings den Rahmen dieses Artikels sprengen. Es wird daher nur auf einige wenige Infekte hingewiesen.

Virusinfektionen wie Parvovirose oder Staupe sind lebensbedrohliche Erkrankungen. Am gefährlichsten sind diese Viren für Welpen bis 12 Wochen und bei nicht geimpften Tieren. Der Verlauf ist in der Regel sehr heftig, es tritt innerhalb kürzester Zeit blutiges Erbrechen und Durchfall auf, der Allgemeinzustand des Patienten verschlechtert sich rapide. Bei der Staupe kommt es häufig auch zu eitrigem Nasen- und Augenausfluss sowie Husten.

Eine bakterielle Erkrankung ist die Leptospirose. Leptospiren werden von infizierten Tieren im Urin ausgeschieden. Die Infektion erfolgt durch Kontakt über die Haut oder Schleimhäute. Als derzeitiger Hauptübertragungsweg gilt die Aufnahme von kontaminiertem Wasser (stehende Gewässer). Der Erreger verbreitet sich im Blut und siedelt sich dann in verschiedenen Organen, wie Leber, Milz, Niere und Lymphknoten an. Die Erkrankung beginnt meist mit Fressunlust, Erbrechen und Fieber. Später sind die Tiere matt, zeigen eine erschwerte Atmung, manchmal auch Gelbsucht, es können Blutgerinnungsstörungen auftreten sowie schwere Magen-Darm-Entzündungen. Als Folge einer akuten Nierenentzündung setzen die Tiere häufig Harn ab, akutes Nierenversagen ist möglich.

Auf jeden Fall sollte beim geringsten Verdacht auf eine Infektionskrankheit unverzüglich ein Tierarzt aufgesucht werden.

Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis)

Die Pankreatitis kommt bei Hunden recht häufig vor, unabhängig von Rasse, Geschlecht oder Alter. Die Ursachen der Pankreatitis sind nicht geklärt. Zu reichhaltiges, fettes Futter, bestimmte Medikamente (Kortison) werden diskutiert. Die klinischen Symptome können unterschiedlich sein und reichen von einer milden Verlaufsform (kurze Fressunlust) bis zu schweren, lebensbedrohlichen Veränderungen (Fieber, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall) Je nach Verlauf ist eine intensive Behandlung notwendig.

Parasiten

Massiver Befall mit Spulwürmern (Askariden), Giardien und Kokkzidien kann mitunter Erbrechen auslösen. Es wird daher empfohlen, eine regelmässige Entwurmung vorzunehmen oder zumindest eine Routinekotuntersuchung beim Tierarzt durchführen zu lassen.

Magendrehung

Der Magendrehung wurde ein eigenes Kapitel gewidmet (s.d.). Eine Magendrehung ist lebensbedrohlich, der Magen dreht sich dabei um die eigene Achse. Magenein- und ausgang werden abgeschnürt. Es kommt zu erfolgslosen Versuchen zu erbrechen.

Chronisches Erbrechen:

Chronisches Erbrechen sollte unbedingt durch einen Tierarzt abgeklärt werden, da eine ernsthafte Erkrankung dahinter stecken könnte. Dazu kommt auch bei harmlosen Ursachen eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität des Hundes.

Gastroenteritis (Magendarmtraktentzündung)

Die chronische Magendarmtraktenzündung ist eine der häufigsten Ursachen für chronisches Erbrechen beim Hund. Die Ursachen sind nicht eindeutig geklärt. Diskutiert werden Futtermittelunverträglichkeit, Futtermittelallergien und die Art der Besiedelung der Magen-Darmflora (Bakterien, Parasiten). Durch die Kombination dieser Faktoren kann es bei bestimmten Tieren zu einer Entzündung des Magen-Darmtraktes kommen. Die chronische Entzündung führt zur Verdickung der Magen- und Darmschleimhaut, Verdauungsstörungen sind die Folge. Es kommt zu chronischem Erbrechen, Durchfall, Gewichtsverlust, stumpfem Haarkleid und Fressunlust.

Helicobacterinfektionen gelten beim Menschen als eine der wichtigsten Ursachen für chronische Gastritiden, Magengeschwüre und Magenkarzinome. Auch bei Hunden wurden Helicobacterinfektionen nachgewiesen. Bei chronischem Brechreiz (insbesondere Nüchternerbrechen, Galleerbrechen) und chronischen, oft therapieresistenten Durchfällen sollte daher immer auch an eine Helicobacterinfektion gedacht werden. Die Therapie besteht wie in der Humanmedizin aus der Gabe von Antibiotika kombiniert mit einem Protonenpumpenhemmer über mehrere Tage bzw. Wochen.

Gastrointestinale Motilitätsstörung

Darunter versteht man eine Magenentleerungsstörung, wobei unverdautes oder schlecht verdautes Futter mehr als 8–10 Stunden nach der Futteraufnahme erbrochen wird. Verschiedenste Ursachen sind möglich. In Frage kommen Pylorusstenose (Einengung des Magenausgangs), Gastroenteritis, Magen- bzw. Dünndarmgeschwüre, Fremdkörper, Polypen (Schleimhautwucherungen), Tumore, um nur einige aufzuzählen. Diagnostische Möglichkeiten wären Kontraströntgen, Sonographie (Ultraschall) und Gastroskopie (Magenspiegelung).

Lebererkrankungen

Die Leber ist für zahlreiche Stoffwechselvorgänge im Organismus mitverantwortlich. Ist die Leberfunktion gestört, kann es durchaus zu Verdauungsstörungen wie Erbrechen kommen. Eine Schädigung ist durch eine Vielzahl verschiedener Noxen möglich. Als mögliche Ursachen kommen bakterielle oder virale Infektionen, Vergiftungen, genetische (angeborene) Faktoren, Traumata und Schockzustände in Frage. Eine genaue Abklärung der Ursache ist daher notwendig. Generell gilt, neben der Verabreichung spezieller Medikamente, dass eine proteinarme Diät verfüttert wird, um die Ammoniakproduktion zu verringern, da die erkrankte Leber das anfallende Ammoniak nicht ausreichend beseitigen kann und die Gehirnfunktion beeinträchtigt wird.

Tumore

Wie beim Menschen kommen Krebserkrankungen des Verdauungstraktes (Magen, Darm, Leber, Bauchspeicheldrüse) leider auch bei unseren vierbeinigen Freunden relativ häufig vor. Durch spezielle Untersuchungen wie z. B. die bereits erwähnte Sonographie, Endoskopie oder Computertomographie ist meist eine genaue Diagnose möglich.
Wie bereits unter „akutes Erbrechen“ beschrieben, können Pankreatitis oder Parasiten auch zu chronischem Erbrechen führen.

Therapiemöglichkeiten bei Erbrechen

Akutes Erbrechen kann meistens konservativ behandelt werden. Bei Symptomen wie Fieber (Normaltemperatur: bis 39 Grad), Mattigkeit, Fressunlust oder Durchfall, Blutbeimengungen im Erbrochenen oder zunehmende Verschlechterung des Allgemeinzustandes Ihres Hundes, suchen Sie bitte umgehend einen Tierarzt auf.
Eine konservative Behandlung ist immer dann angezeigt, wenn der Allgemeinzustand nicht gestört, kein Fieber vorhanden und das Erbrechen akut aufgetreten ist. Bei einem Hund mit chronischem Erbrechen ist eine korrekte Diagnosestellung enorm wichtig für eine erfolgreiche Behandlung.

Bei einer konservativen Behandlung ist eine Nahrungskarenz von 12 bis 24 Stunden durchaus sinnvoll, um den gereizten Magendarmtrakt zu beruhigen. Wasser müssen Sie Ihrem Hund immer zur Verfügung stellen (auch wenn dadurch wiederum Brechreiz ausgelöst wird).

Sollte durch die Nahrungskarenz der Brechreiz nicht gelindert werden, ist ein Tierarztbesuch ratsam. Dem Tierarzt stehen eine Reihe von Medikamenten gegen Erbrechen zur Verfügung, die in Form von Tabletten, Tropfen, Lösungen oder Spritzen verabreicht werden. Des weiteren muss der Elektrolythaushalt wieder ins Gleichgewicht gebracht werden, wozu Infusionen nötig sind.

Sobald der Brechreiz behoben ist, kann begonnen werden, täglich mehrere kleine Portionen zu verfüttern, um den Magen nicht zu überlasten. Reis mit gekochtem Hühner- oder Putenfleisch und gekochten Karotten eignen sich gut als Aufbaudiät. Auch Trockenfutter in kleinen Portionen kann versucht werden. Eine Umstellung auf das gewohnte Futter sollte dann schrittweise über mehrere Tage erfolgen.